von Abo´l-Qasem Mansur eben-e Hasan Ferdowsi (ca. 940
- ca. 1026 n. Chr.) wurde zwischen 982 - 1014 n. Chr.verfasst.
Den Stoff zu seinem grandiosen, mehr als 50 000 Verse umfassenden
Werk schöpfte der Dichter teils aus schriftlichen Quellen,
teils aus mündlichen Überlieferungen. Aus der Zeit
der Sasaniden (226 - 651 n. Chr.) ist bekannt, daß die
Herrscher dieser Dynastie Chroniken führten. Der letzte
sasanidische König, Yazdegerd III. (reg. 632 - 651 n. Chr.),
erteilte den Befehl, aus diesen Aufzeichnungen eine Geschichte
Irans von den ältesten Zeiten bis zum Tod des Königs
Hosou Parwiz (reg. 590 - 628 n. Chr.) zusammenzustellen. Das
so entstandene Werk hieß im Mittelpersischen Chvatâi
nâmak; ihm entspricht sinngemäß die Bezeichnung
Shahnameh. Es enthielt sowohl mythologische, auf das Awesta
zurückzuführende Erzählungen als auch Berichte
über historische Begebenheiten. Später wurden auch
sagenhafte mündliche Überlieferungen, fremdländischer
Abenteuergeschichten wie der Alexanderroman und andere übertriebene
Erzählungen von Heldentaten historischer Persönlichkeiten
in das Werk aufgenommen. Das mittelpersische Chavatâi
nâmak ging jedoch in den ersten Jahrhunderten der islamischen
Ära verloren; auch die von diesem Buch angefertigten arabischen
Übersetzungen oder Bearbeitungen, darunter Siyar al-muluk
(Lebensbeschreibung der Könige) von Ibn Al- Muqaffa´
(um 723 - 759 n. Chr.), die Ferdowsi als Quelle gedient haben
mögen, sind nicht erhalten geblieben. - Die mündlichen
Berichte dagegen wurden im Lauf der Jahrhunderte immer weiter
ausgestaltet und durch die Aufnahme von Nebenhandlungen, die
in den älteren Werken nicht enthalten waren, ergänzt
und bereichert. Diese Entwicklung wurde hauptsächlich vom
Landadel gefördert, der die Geschichten, die von vergangenen
Herrlichkeiten und alten Weisheiten berichten, besonders schätzte.
Diese Sagen wurden aufgeschrieben oder vom Vater auf den Sohn
übertragen und weitererzählt. Öfters weist Ferdowsi
zu Beginn einer Geschichte darauf hin, daß er sich auf
die Aussagen eines Landedelmannes oder zoroastrischer Priester
stütze. Auf der Basis solcher schriftlicher und mündlicher
Traditionen, die im Osten Irans sehr beliebt waren, entstanden
die ersten Shahnamehs in Prosa. Als eigentliche Quelle für
sein Shahnameh hat Ferdowsi das auf Veranlassung von Abu-Mansur
Mohammad ebn-e "Abdo´r-Razzaq (gest. 961 n. Chr.),
dem seah-salar (Heerführer) von Chorassan, in Prosa abgefaßte
Shahnameh benutzt, dessen Vorwort zum Teil erhalten blieb.
Darin wird berichtet, daß dieser Fürst, der sich für
einen Abkömmling aus dem Geschlecht der iranischen Könige
hielt und von patriotischem Geist beseelt war, seinen Minister
Abu Mansur al-Mo´ammar beauftragte, Buchkundige unter den
Dehqans und den Welterfahrenen aus allen Landesteilen zusammenzurufen;
sie verfaßten im Jahr 957 n. Chr. ein Buch, "damit
die Herrn der Weisheit es sich ansehen und darin all das finden:
die Erziehung der Könige, den Aufbau des königlichen
Hofes, ihr Wesen und ihr Verhalten, ihre wohlerwogenen Doktrinen,
sowie die Gerechtigkeit, Rechtssprechung und Urteilsfällung,
ebenfalls wie man eine Armee ausrüstet, Schlachten schlägt,
Städte erobert, Vergeltung übt, Feinde überrascht...".
Auch die späteren arabischen Historiker benützten dieses
Werk als Quelle. Ein Freund Ferdowsis besorgte ihm die Prosavorlage
von Abu-Mansur, die ihm fortan als Hauptquelle diente.
Wahrscheinlich um das Jahr 982 n. Chr. begann Ferdowsi systematisch
mit der Arbeit an seinem Shahnameh.
Aus Datierungen am Anfang und am Ende einiger Episoden läßt
sich jedoch feststellen, daß er sein Werk nicht in der heute
vorliegenden Reihenfolge verfaßte. Es ist möglich,
daß der Autor die dichterische Gestaltung von Abu-Mansurs
Prosawerk 994 n. Chr. beendete. In den Jahren zwischen 994 und
1014 n. Chr. revidierte er sie und fügte Teile, die man ihm
mündlich überlieferte, in das Gesamtwerk ein.
Im Shahnameh erzählt Ferdowsi - Legende und Wirklichkeit
eng miteinander vermischend - die Geschichte Irans von den Uranfängen
bis zum Verfall des Sasanidenreiches. Dieser gewaltige Zeitraum
ist beginnend mit den mythischen Urkönigen - in fünfzehn
Königsherrschaften gegliedert, wobei jedoch die teils größere,
teils geringere Ausführlichkeit der Schilderung nicht immer
in angemessenem Verhältnis zur Dauer der einzelnen Herrschaften
steht. So wird z.B.die tausendjährige Tyrannei des "Drachenschahs"
Dahhak viel kürzer beschrieben als die sechzigjährige
Regierungszeit des Kai-Hosrou. Auch die fast fünfhundert
Jahre währende Herrschaft der parthischen Arsakiden-Dynastie
(247 v. Chr. - 226 n. Chr.) ist nur kurz und bündig behandelt,
wahrscheinlich, weil dem Dichter in seiner Vorlage nur wenige
Informationen übermittelt wurden.- Drei große Epochen
werden im Shahnameh unterschieden:
|